Handlung:
Als die Erwachsenen ihr alles nahmen, war Mandy ein kleines, hilfloses Kind.
Tägliche
Misshandlungen und Erniedrigungen, sowie sexuelle und körperliche
Gewalttaten zerstörten ihre reine Seele und beschmutzen ihren Körper.
Die Angst war von da an ihr Wegbegleiter. Ihre Seele spaltete sich ab
und sie schaute von oben zu. Um die täglichen Erniedrigungen zu
ertragen, flüchtete Mandy in ihre selbst erschaffene Welt.
Und dann kam plötzlich der Tag, an dem sie sich wie ein Phönix aus der Asche erhob.
Mit einer Stärke und dem Mut, der ihr bis dahin fehlte.
Doch reicht die gewonnene Kraft, um ihr Leben neu zu gestalten und es zum Guten zu wenden?
Mein Eindruck:
Dieses Buch hat viele Herzen berührt. Es schildert klar, chronologisch und in einer einfachen, gut verständlichen Sprache die Misshandlungen an einem kleinen Mädchen, das von seinen überforderten und alkoholkranken Eltern nicht gewollt ist und in eine Pflegefamilie kommt. Dort erlebt es einen nicht enden wollenden Alptraum, weil mehrere Menschen, die es eigentlich lieben und beschützen sollen, das Kind misshandeln und missbrauchen. Selbstverständlich kann sich in einer solchen Umgebung und dank solcher Erfahrungen keine selbstsichere Persönlichkeit entfalten, weshalb das Mädchen von einst schüchtern, ängstlich und unsicher bleibt und immer wieder in manipulative Beziehungen gerät, die den Himmel versprechen, aber die Hölle im Gepäck haben. Die Gewalterfahrungen ziehen sich daher auch das Erwachsenenleben dieser Frau und die Vergangenheit streut ihren langen Schatten in alles, was erlebt, gedacht, gefühlt und getan wird.
Der Bericht - es ist mehr ein Bericht als eine Erzählung - weckt Entsetzen, macht betroffen. Man möchte sich die aufgerissenen Augen reiben und fragen: "Wie kann das alles wahr sein?" Es ist schwer und unangenehm, sich in die geschilderte Welt hineinzuversetzen, denn die erfahrene Not ist allzu intensiv beschrieben. Trotzdem finde ich es gut und wichtig, Bücher dieser Art zu lesen. Zum Einen geben sie Einblick in eine Welt, die in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden muss, weil diese Themen leider immer aktuell bleiben. Zum Anderen brauchen Gewaltopfer eine Stimme, vielleicht, um sich selbst "gesundzuschreiben", auf jeden Fall aber, um in ihrer eigenen, ganz persönlichen Not gehört zu werden.
Tina Hope ist ein wahnsinnig lieber, mitfühlender, empathischer Mensch, der im Leben vieler ihrer Mitmenschen kleine und größere Kerzen entzündet. Dieser sanfte, liebevolle Kern ist in der Hauptfigur anzutreffen und macht die Betroffenheit beim Lesen umso größer.
Hinter dem Buch steht kein komplizierter literarischer Plot: Es schildert unverblümt und auf eine simple Art grauenvolle Lebenserfahrungen, die wirklich unter die Haut gehen. Durch die holzschnittartige Zeichnung der Täter und die einfache Sprache treten die Mechanismen und Dynamiken, die hinter Gewaltstrukturen stehen, noch deutlicher zutage: Die Erfahrungen in der Jugend und Kindheit prägen das Fühlen, Denken und Handeln in der Zukunft massiv. Man kann nachvollziehen, wie und warum ein derart geprägter Mensch immer wieder in dieselben Strudel von seelischer, körperlicher und sexueller Gewalt hineingerät, denn wenn man so etwas erlebt, dann wird vor allem der eigene Kopf zum ärgsten Feind: Man hält sich selbst für wertlos und schafft es nicht mehr, die nötigen Grenzen zu ziehen, um sich zu schützen. All das verrät dieses Buch, wenn man es aufmerksam und zwischen den Zeilen liest.
Es zeigt aber vor allem auch eine warmherzige und wertvolle Persönlichkeit, die sich trotz allem nicht unterkriegen lässt. Es ist mutig und stark, eine solche Lebensgeschichte mit der Öffentlichkeit zu teilen. Es macht angreifbar und noch verletzlicher und kostet daher Überwindung, die Respekt und Anerkennung verdient. Vor allem ist es aber eine hilfreiche Art des Umgangs mit entsetzlichen Erfahrungen, die ein/e Betroffene/r für sich selbst greifbarer macht, indem sie/er sie in eine zusammenhängende Geschichte bringt.
Wir alle erzählen Geschichten, um nach Verletzungen wieder heiler und ganzer zu werden - und für Gewaltopfer gilt das ganz besonders. Tina Hope gibt sich selbst die Stimme, die all die Jahre nicht zu hören war - und das ist wirklich das Beste, was sie tun kann, um TROTZ der und MIT den Erfahrungen ein erfüllendes und glückliches Leben zu führen. Sie kann damit anderen Betroffenen eine Identitfikationsfläche erschaffen (Dieses "Du-bist-nicht-allein-Gefühl) und Außenstehenden Verständnis ermöglichen, Zusammenhänge offenlegen und Hintergründe aufzeigen.
Achtung: Das Buch kann als Trigger dienen und Flashbacks auslösen. Wenn du selbst von Gewalt betroffen bist oder warst, taste dich vorsichtig heran und achte auf deine eigene innere Stabilität beim Lesen.
Fazit:
Eine sehr persönliche und subjektiv erlebte Geschichte, die schnell gelesen ist, aber lange im Gedächtnis bleibt. Es ist eins dieser kostbaren und wichtigen Bücher, die das Thema "Gewalt" im Fokus behalten und hat daher auch gesellschaftliche Relevanz. Tina gilt mein tiefes Mitgefühl, aber auch die Zusicherung, dass sie ihren eigenen Weg trotzdem beharrlich weitergehen wird.
Das Buch wurde mir von der Autorin zur Verfügung gestellt. Dafür danke ich herzlich. Meine Meinung hat dies nicht beeinflusst.
Quelle: Cover und Handlung