Handlung:
Leopold ist ein schwer gebeutelter Mann. Er hat eine Schwiegermutter, die er hasst und mit der er mehr Zeit verbringen muss, als ihm lieb ist. Warum? Seine Frau will es eben so. Die hat nämlich einen ausgeprägten Mama-Komplex. Das wäre an sich schon schlimm genug, wenn da nicht auch noch der Rest seiner sonderbaren Familie wäre: Seine pubertierenden Zwillinge, der schwerhörige Vater, die verträumte Mutter, die gefräßige Tante und der transsexuelle Bruder halten ihn ganz schön auf Trab. Zum Glück gibt es da noch Gregor, Leopolds einzigen Freund. Der wohnt einsam in einem verlassenen Haus mit Madame Lunette zusammen, einem äußerst einsilbigen Papagei. Doch auch Gregor hat mehr Macken als ein 20 Jahre altes Auto.Mein Eindruck:
Dass im Klappentext dieses Buchs keine wirkliche Handlung erwähnt wird, geschieht nicht zufällig: Es gibt sie nicht! Vielmehr ist diese Geschichte eine rabenschwarze Momentaufnahme aus dem Leben einer ziemlich schrägen Familie, die mehr durch Marotten, Abneigung und Überdruss zusammengehalten wird als durch Zuneigung und Mitgefühl, wie es eigentlich üblich sein sollte oder wie man es sich insgeheim wünscht. Und das ist toll, denn man muss sich auf keinen komplizierten Plot konzentrieren, sondern kann voller Lust am schrägen Wortwitz einfach eine Seite nach der anderen genießen!
Das Erleben der Figuren beschränkt sich auf ein paar Alltagshandlungen und so brisante Ereignisse wie Familienfeiern und eine gemeinsame Reise. Es passiert augenscheinlich nicht viel, aber im Kopf des personalen Erzählers, der aus Leopolds Sicht seine Erfahrungen zum besten gibt, entzündet sich geradezu ein Feuerwerk von Gedanken und Gefühlen, dem nahezu alle Mitglieder seiner Familie zum Lästeropfer fallen. An kaum jemandem lässt Leopold ein gutes Haar - und dem Leser erscheint es verlockend und reizvoll, auch mal so richtig in diese Denke abzutauchen, die weder politisch korrekt, noch moralisch akzeptabel ist, dafür aber richtig Spaß macht. Denn er ist gnadenlos in seinem Urteil, dieser Leopold! Kein Mensch, mit dem man gern befreundet sein möchte - und dabei auch irgendwie ein armes Würstchen.
Die humorige Sprache passt sowohl zu Inhalt als auch zum Stil dieser kleinen bösartigen Familiengeschichte. Sie steckt voller skurriler Figuren und fieser Seitenhiebe. Die Figuren sind auf eine widerborstige Art liebevoll und präzise gezeichnet, wenngleich sie natürlich in ihrer maßlos übertriebenen Form nicht realistisch wirken. Aber das sollen sie vermutlich auch gar nicht! Es scheint vielmehr, als habe hier eine Autorin einmal lustvoll ein paar Grenzen des guten Geschmacks überschreiten wollen! In jedem Fall besitzt sie eine feine Beobachungsgabe und eine Menge eigensinnigen Humors.
Streift man von den Figuren und den Ereignissen eben jene Übertreibung, die das durchgehende Stilmittel des Romans ist, ab, dann bleibt eine Familie übrig, wie sie vermutlich jeder von uns kennt: Fehlerhafte Menschen mit eigenartigen Charakterzügen, die aus harmonisch geplanten Feten kleine Katastrophen werden lassen und in uns manchmal den Wunsch wecken, auf eine einsame Insel auszuwandern. Deswegen wird das Buch sicherlich viele Freunde finden: Es erinnert den Leser an sich selbst, ob er will, oder nicht!
Fazit:
Der überzeichnete, lustige und gleichermaßen böse Roman hat mir beim Lesen viel Spaß gemacht. Ich finde meine eigenen Verwandten, die natürlich keiner der vorgestellten Figuren auch nur im Ansatz ähneln (!), angesichts dieser Horror-Family gleich nochmal so liebenswert! Laut lachen verschafft übrigens jede Menge Erleichterung in angespannten Psychen. Also, reinlesen und sich seinen Teil zur eigenen buckligen Verwandtschaft denken! Macht Laune!Das Buch wurde mir von der Autorin zur Verfügung gestellt. Dafür danke ich herzlich. Meine Meinung hat dies nicht beeinflusst.
Quelle: Cover und Handlung