Natürlich sollte ein
Schulabgänger einen fehlerfreien Brief verfassen können, Prozentrechnung
beherrschen und sich auf Englisch leidlich verständigen können.
Genauso
wichtig, wenn nicht noch wichtiger, ist jedoch die charakterliche Entwicklung:
Wer bin ich und was sind meine Stärken?
Wo will ich hin im Leben?
Was sind
meine Werte, Ziele, Träume?
Wie löse ich ein Problem, wenn eines auftritt?
Wie
gehe ich mit meinen Mitmenschen um?
Wie kann ich mich entspannen, wenn ich
gestresst bin?
Wie wäge ich Entscheidungen ab?
Worauf lege ich meinen Fokus,
wenn es um meine Lebensgestaltung geht?
Am Rande dieser Fragen befinden sich
weitere Aspekte von Meditation und gesunder Ernährung bis hin zu Selbst- und
Zeitmanagement oder einer vernünftigen Streitkultur.
Doch wo, wenn nicht in der Schule könnten Kinder Fähigkeiten wie Mitgefühl,
Selbstbewusstsein, Entscheidungsfähigkeit und Durchhaltevermögen lernen? Eltern
können ihrem Nachwuchs häufig kein gutes Vorbild sein, weil sie diese Dinge oft
selbst nicht beherrschen. Es wäre ein gangbarer Weg, deutsche Schulen
umzustrukturieren, indem Unsinniges und Unbrauchbares aus den Lehrplänen
gestrichen und die persönliche Entwicklung dafür aufgenommen würden. Gern mit
wissenschaftlich-akademischem Unterbau und praktisch umsetzbaren Handlungsanweisungen!
Der ehemalige Schuldirektor Ernst Fritz-Schubert hat dies an
seiner Schule in Heidelberg im Jahr 2007 getan. In den letzten Jahren sind ihm
viele Schulen in mehreren Bundesländern gefolgt. Pädagogen schauen über ihren
Tellerrand und bringen das Zwischenmenschliche und Persönliche in ihre Arbeit
ein: Sie helfen Kindern und Jugendlichen, sich im Leben zu orientieren. Sie
schaffen Vorbilder, zeigen Wege auf und stärken die jungen Seelen, die sich so
nicht nur selbst besser kennenlernen, sondern auch die Freude an der Schule auf
ihre Weise entdecken. Konflikte können entschärft und Beziehungen gestärkt
werden.
Inzwischen gibt es längst Studien, die bestätigen, wie
erfolgreich der Ansatz ist, die Lebenskompetenz von Schülern zu verbessern: Sie
sind offener, ausgeglichener und mitfühlender.
Gerade vor dem Hintergrund der
zunehmenden gesellschaftlichen Verrohung in den nachfolgenden Generationen
werden positive Gefühle umso wichtiger: Wer glücklich und zufrieden ist, neigt
nicht zu Gewalt oder Herabsetzung Anderer. Wer seinen eigenen Weg kennt und
zielstrebig verfolgt, hat keinen Grund, sich zu verweigern oder Stress zu
provozieren.
Offenheit, Verständnis, Selbstvertrauen und innere Stabilität
können erlernt werden. Und zwar lange, bevor verzweifelt nach Sozialpädagogen
und Therapeuten gerufen wird, weil die Schulen mit überforderten
Burnout-Kindern oder sozial unverträglichen Verweigerern überflutet werden.
Die Zahl der psychiatrischen Störungen bei
Kindern hat zweifellos zugenommen. Eine durchschnittliche Klassenliste heutzutage liest
sich wie der Index aus dem ICD-10 Kategorie F, es sind nahezu alle Bereiche aus den
kinder- und jugendpsychiatrischen Störungen sowie den Entwicklungsstörungen
abgedeckt. Eltern und Lehrer kriegen die Auswirkungen tagtäglich zu spüren,
ohne dass eine Möglichkeit bestünde, diese Entwicklung einzudämmen.
Bitte sehr, liebe Entscheidungsträger: Hier ist eine Möglichkeit!
Etabliert das Schulfach „Glück“ nach dem Heidelberger Vorbild in den Curricula
aller Schulformen und die Lage wird sich deutlich entspannen! Orientiert euch an dem Plan, jungen Menschen den Weg ins Leben zu erleichtern, statt Rektoren, Lehrern und Schülern eure reaktionären Vorstellungen, wie eine "richtige Schule" zu sein hat, weiter (an der Realität vorbei) aufzuzwingen. Schult die Lehrer
und schulischen Mitarbeiter, sodass sie dazu in die Lage versetzt werden, Glück
zu lehren! Ein angenehmer Nebeneffekt ist dabei, dass auch die Lehrer dabei wie von selbst ein bisschen glücklicher werden. Denn - oh, Wunder! - auch unter den Lehrern haben die psychischen Erkrankungen zugenommen. Und wer einmal ganz genau hinschaut, was in den Schulen los ist, der versteht sehr schnell, warum!
Zumindest für eine ernsthafte Debatte zum Thema ist es höchste Eisenbahn! Die Schulen von heute steuern nicht auf einen Abgrund zu - sie stehen schon mit beiden Beinen im Loch, und zwar mindestens bis zu den Hüften!