Jeder leidenschaftliche Leser hat wohl schon einmal den Ausdruck "Ich habe ein Buch verschlungen" verwendet. Celin aus Leipzig macht das auch, aber auf eine ganz besondere Weise: Sie verleibt sich die Lektüre ganz und gar ein und verwandelt sie mit einem mutigen und ungewöhnlichen Händchen in etwas sehr Eigenes um.
Celin macht Kunst. Und schenkt damit den von ihr gelesenen und rezensierten Büchern eine Art von Aufmerksamkeit, die man sogar in unserer bunten und schrillen Welt lange suchen muss.
Als ich Celins Bilder das erste Mal zu Gesicht bekam, war ich total hingerissen von ihrer Art, aus Kunst neue Kunst zu produzieren. Allerdings ist das vermutlich gar nicht ihr erklärtes Ziel, sondern sie hat einfach Spaß und Freude daran, ihre Schöpferkraft auszuleben und ein Stück ihrer Kreativität in die Welt zu tragen. In Celins Bildern sprechen die Geschichten direkt zu uns, sie sitzen uns plötzlich gegenüber, als würden wir entspannt miteinander schwatzen. Sie laden zur unmittelbaren Nähe ein und nehmen uns gefangen. Sie lachen, weinen oder raunen uns direkt ins Gesicht. Sie entführen uns in ihre Welt, die uns selbst noch einmal mehr zum Lesen verführt. Und sie sorgen für eine ganz eigene Verbindung: zwischen dem Autor, der die Geschichte geschrieben hat, der Bloggerin, die ihre eigenen Ideen dazu visualisiert und dem Leser, in dessen Seele im besten Fall sofort eine brennende Neugierde erwacht.
Neben einer schöpferischen Ader und dem Mut, etwas Neues zu schaffen, braucht es auch etwas technisches / fachliches Know-How, aber vor allem braucht es, wie ich finde, zu solchen Präsentationen eine ganz große Portion Liebe zur Literatur, um etwas so Schönes und Einzigartiges zu schaffen.
Heute möchte ich euch diese tolle Bloggerin Celin von Papierflügel vorstellen, indem ich sie selbst zu Wort kommen lasse.
Liebe Celin, magst du ein paar Eckdaten nennen? Wie alt bist du, woher kommst du und was machst du (beruflich/privat)?
Sehr gerne. Ich
bin 22 Jahre alt (feiere dennoch jedes Jahr meinen 17. Geburtstag – ja, das mit
dem „Angst-vorm-Älterwerden“ begann bei mir schon sehr früh). Ich wohne
momentan in Leipzig, komme aber ursprünglich aus einem Dorf etwas außerhalb.
Umgezogen bin ich damals, weil ich angefangen habe in Leipzig zu studieren.
Auch wenn ich jetzt wieder in meinem Heimatdorf arbeite, möchte ich derzeit das
Stadtleben noch nicht missen und werde demnach auch (noch) nicht wieder
zurückziehen. Ich mache aktuell eine Ausbildung zur
Verwaltungsfachangestellten. Privat geht es bei mir sehr viel ums Lesen und
Bloggen, außerdem bin ich ein absoluter Trash-TV-Junkie, wenn es darum geht
meine Freizeit möglichst primitiv und ohne groß nachzudenken zu verbringen.
Was bedeutet dir die Literatur, das Lesen?
Die Literatur
nimmt einen großen Teil meines Lebens ein. Wenn ich nach Hause komme und meine
Bücher fein säuberlich im Regal stehen sehe, geht mir mein Herz auf. Beruflich
wollte ich auch in diese Richtung gehen und habe begonnen Germanistik zu
studieren, mit dem Wunsch, Lektorin zu werden. Leider musste ich diesen Traum
aufgrund mangelnder Jobchancen verwerfen. Das Bloggen und Lesen bringt mich dem
jedoch sehr nahe, sodass ich jetzt meinen Brotjob mit meiner Leidenschaft
vereinen kann.
Seit wann gestaltest du deine Rezensionen mit diesen atemberaubenden Bildern und wie kam dir der Gedanke, für deine Rezensionen diese Art von Bildern zu gestalten?
Bewusst hatte ich
nie diesen Moment, in dem ich dachte „Ich mache das jetzt auf diese Art.“ Ich
habe von Beginn an versucht, mit meinen Bildern eine Verbindung entweder zum
Inhalt eines Buches, oder dessen Cover zu schaffen. Irgendwann musste ich mit
aufs Bild, weil sich meine Ideen nur noch auf die Art hätten umsetzen lassen.
Dass ich damit viel mehr Möglichkeiten habe, ist mir sehr schnell klar
geworden, sodass es heute für mich selbstverständlich ist, dass ich mein Buch
mit mir zusammen präsentiere.
Gibt es Genres, die du gar nicht liest oder wärst du prinzipiell für alles offen?
Ich bin absolut
nicht für alles offen. New Adult finde ich überhaupt nicht schön, ebenso
kitschige Romane und Liebesgeschichten. Fantasy habe ich früher wahnsinnig
gerne gelesen, aber auch das ist mir mittlerweile zu langweilig. Bei mir im
Regal findest du heute überwiegend nur noch düstere Thriller und Horrorbücher.
Wie wichtig ist es dir, dich kreativ auszuleben und schaffst du das in deinem Alltag immer?
Das ist mir
unheimlich wichtig. Die Kunst war schon immer ein Teil von mir und ich liebe
es, mich kreativ auszulassen. Ob zeichnen, basteln, kreative Ideen entwickeln
oder eben fotografieren und bearbeiten – ohne geht für mich nicht. Natürlich
ist es schwer das immer bewusst in den Alltag zu integrieren, aber wenn es mich
packt, dann nehme ich mir die Zeit dafür.
Wie lange brauchst du zur Umsetzung eines Posts mit Rezension und Bild?
Das geht
teilweise schneller als man glauben mag. Sobald ich beginne ein Buch zu lesen,
habe ich bereits eine grobe Vorstellung von dem zukünftigen Bild im Kopf. Die
Rezension schreibe ich frühestens 2 Tage nach Beendigung des Buches, damit mir
auch nichts entgeht. Das Bild selbst dauert im Schnitt 1-2 Stunden. Sobald ich
eine klare Vorstellung habe, geht das fotografieren und bearbeiten sehr
schnell. Dabei hält mein Perfektionismus gerne mal ein paar Minuten auf, aber
grundsätzlich weiß ich, wohin die Reise gehen soll und kann das auch in den
meisten Fällen sofort umsetzen.
Wie gehst du damit um, wenn dir ein Buch nicht ganz so gut gefällt? Oder vielleicht auch mal eins überhaupt nicht?
Nüchtern. Eine
Rezension ist schließlich keine Patentlösung, sondern nur meine Meinung. Ich sehe
das Bloggen und Rezensieren als meine Arbeit und wüsste nicht, für wen ich das
Buch besser bewerten sollte, als ich es finde. Natürlich ist schlechte Kritik
für Autoren nicht immer schön, aber es ist immer noch NUR meine Meinung. Ich
scheue mich also nicht davor, ein Buch schlechter zu bewerten, wenn es mir
nicht gefallen hat. Einen Abbruch versuche ich eigentlich so gut ich kann zu
vermeiden, leider gibt es ungefähr 1 Buch im Jahr, bei dem ich mich nicht
durchringen kann, es zu beenden. Aber auch hier schreibe ich eine kurze
Rezension, um zu begründen welche Aspekte zum Abbruch des Buches führten.
Wie reagieren deine Familie und deine Freunde auf deine Arbeit?
Absolut
begeistert. Vor allem mein Papa war froh, dass ich mein „brotloses“
Germanistik-Studium abgebrochen habe und das mit der Literatur jetzt auf diese
Weise löse. Mein Freund unterstützt mich am allermeisten, kümmert sich um
technische Aspekte auf meinem Blog, fotografiert mich immer, bringt seine
Meinung und manchmal sogar Ideen mit ein. Freunde freuen sich über neue
Rezensionen und wollen sich rezensierte Bücher ausleihen. Es stehen wirklich
alle aus meinem Umfeld hinter mir und das fühlt sich toll an.
Wie sind die Reaktionen (fremder Menschen) auf deine Arbeit?
Das lässt sich
schwer sagen, da ich nur beurteilen kann, wie meine Instagram-Follower
reagieren. Das zähle ich unter „fremd“, weil ich die wenigsten davon persönlich
kenne. Hier habe ich durchweg positive Reaktionen erlebt, was mich natürlich
unglaublich stolz macht. Immerhin steckt auch Arbeit dahinter und es fühlt sich
gut an, wenn man dafür gelobt und wergeschätzt wird.
Gibt es auch negative Reaktionen? Wie gehst du mit denen um?
Bisher kann ich
(zum Glück) keine negativen Reaktionen verzeichnen. Ich glaube ich könnte nicht
gut damit umgehen, denn ich nehme mir sehr vieles schnell zu Herzen. Gerade da
ich in diese „Arbeit“ meine ganze Kraft und mein Herzblut stecke, würde mich
eine negative Reaktion vielleicht erstmal traurig machen. Auf den zweiten
Gedanken würde ich wahrscheinlich sagen „Ich liebe was ich tue und stehe zu
100% dahinter, egal was andere davon denken.“ Aber bisher gab es ausschließlich
positives Feedback und das macht mich unheimlich stolz.
Gibt es Bücher, die du rezensieren wollen würdest, bei denen dir aber einfach keine zündende Idee für ein passendes Bild einfallen will? Was machst du in einem solchen Fall?
Dann schummle
ich. Die Rezension wird es trotzdem auf meinem Blog geben, aber ohne Titelbild,
sondern nur unter dem Buchcover zu finden. Das ist bisher aber erst einmal
vorgekommen – bei einem Buch, das ich abgebrochen habe. Ich hatte danach
einfach keine Lust mehr, so viel Aufwand zu betreiben. Die Enttäuschung war
einfach zu groß. Wenn ich ein Buch beende, findet sich immer eine Idee. Wenn
nicht an den Inhalt angepasst, dann immerhin zum Cover.
Hast du Unterstützung bei der Umsetzung deiner Bilder? Und wie sieht es mit der technischen Seite aus? Woher kannst du so gut mit den entsprechenden Programmen umgehen?
Die Fotos macht
mein Freund. Ich sage ihm, wie ich mir das Bild vorstelle und er drückt auf den
Auslöser. Es ist ein bisschen wie ein Fotoshooting: er drückt ohne Pause und
ich wechsle dabei Pose und Mimik. Nach ca. 30 Bildern wird selektiert und wenn
da keins dabei ist, dann muss er das Ganze nochmal machen, bis ich zufrieden
bin. Die Arbeit mit den Programmen verläuft nach dem Motto „Learning-by-doing“,
ich probiere einfach immer viel aus und experimentiere gerne herum. Irgendwann
findet man dabei seinen Rhythmus und steigert sich eigentlich nur noch. Man
bekommt einfach ein Gefühl dafür, das passiert von ganz alleine.
Gibt es andere Arten von Kunst / Kreativität, mit denen du dich beschäftigst?
Der zweitwichtigste kreative Zweig in meinem Leben ist wohl die Kunst und das Zeichnen. Das funktioniert bei mir leider nicht auf Abruf, sondern nur in bestimmten Stimmungslagen. Daher kommt es auch zustande, dass ich zuletzt vor 3 Jahren gezeichnet habe, obwohl ich es so sehr liebe.
Hast du Lust, vielleicht selbst mal ein Buch zu schreiben? Oder einen Bildband zu gestalten? Etwas in der Art?
Ich träume von
einem riesigen Plakat, mit all meinen geschaffenen Bildern als Collage, wobei
auf jedem Foto der dazugehörige Autor seine Unterschrift hinterlässt. Das kommt
einem Bildband wohl am nächsten. Ein Buch habe ich angefangen, das pausiert
aber gerade. Ich weiß nicht ob jemals etwas daraus wird, aber die ersten 30
Seiten existieren bereits.
Wo kann man dich im Netz finden?
Primär findet man
mich auf Instagram (papierfluegel_thriller) und auf meinem Blog Papierflügel. Dort bin ich am aktivsten. Auf Twitter und Facebook
halte ich über neue Rezensionen auch auf dem Laufenden, jedoch bin ich dort
nicht immer aktiv oder schnell erreichbar.
Dankeschön für diesen Einblick in dein Leben und deine Arbeit!
Vielen Dank für
das Interview! 😊
Liebe Celin, ich danke dir für deine ausführlichen Antworten und die tollen Bilder! Der Absatz mit der brotlosen Germanistik hat mich besonders gefreut! Dein Papa hat recht! Germanistik führt ins Nirgendwo ODER in die Schule! *altergermanistenwitz*
Ich wünsche dir von Herzen alles Liebe für die Zukunft und noch viele wundervolle Projekte!