Handlung:
1680 – Krieg und Armut herrscht. Katharina erblickt das Licht eines düsteren und grausamen Zeitalters.
Zwei
Jahre nach ihrer Geburt stirbt ihre Mutter. Zusammen mit ihrem Vater
begibt sie sich auf die Suche nach Arbeit. In Spaichingen finden sie
beim Rees-Bauer Unterkunft und eine Anstellung als Knecht und Magd. Eine
harte Zeit voller Sorgen, Hunger und Entbehrungen, die Katharinas Vater
nicht überlebt.
Die Bäuerin nimmt sie unter ihre Fittiche. Katharina
wächst heran und träumt von einem besseren Leben. Von einem Dasein mit
einem liebevollen Mann, Haus und Kindern.
Jakob, ein Hallodri aus
Stuttgart, der sich mit seinem Vater überworfen hat, kreuzt ihren Weg.
Er macht ihr den Hof, verspricht Liebe und Heirat ... und sie gibt sich
ihm hin. Sie wird schwanger und er verschwindet bei Nacht und Nebel.
Allein
steht sie vor einer ungewissen Zukunft. Ängste und Kummer nagen in ihr,
sie will das ungewollte Kind nicht. In der Zwiesprache mit der
Muttergottes sucht sie ihr Heil ...
Doch alles Bitten ist vergebens, sie gebiert ein Mädchen ... und versenkt es in einer Jauchegrube ...
Katharina
Fischer von Trossingen ist wegen Kindstötung am 13.7.1696 im Espan
enthauptet worden; sie gab sich dabei glücklich, fromm und tapfer.
(aus dem Familienregister Spaichingen)
Eine ergreifende Geschichte eines jungen Mädchens, verfasst nach wahren Begebenheiten.
Mein Eindruck:
Eine Geschichte zu schreiben, die sich auf wahre
Begebenheiten stützt, ist nicht immer ganz einfach. Zum Einen muss man sich
natürlich an die bekannten Fakten halten und ist daher in seiner
schriftstellerischen Freiheit ein bisschen eingeschränkt – spannende Twists und
überraschende Wendungen gibt die Story vielleicht nicht her und daher fallen
sie als Option für den Autor weg. Zum Anderen mag es Leerstellen geben, die nur
schwer gefüllt werden können, weil vielleicht Informationen fehlen. Auf der
anderen Seite macht genau diese Art des Schreibens (und Lesens) einen
besonderen Reiz aus: Man kennt vielleicht die Schauplätze persönlich oder kann
sich besonders gut in einen Menschen hineinversetzen, der einmal existiert hat.
Umso betroffener macht das Schicksal der jungen Katharina, die – in eine
ausweglose Situation hineingedrängt – eine furchtbare Tat begeht und dafür
büßen muss.
Daniela Mattes ist mit diesem historischen Roman ein
künstlerischer Spagat gelungen: Sie hat ihre Geschichte auf viele wahre
Fakten gebettet, die sich sogar in Kleinigkeiten widerspiegeln: Der Leser
erfährt viel über das Land und das Leben der Leute aus jener Zeit. Katharina
und ihre Weggefährten werden nicht nur zu Romanfiguren, sondern auch zu Boten
von historischen Kontexten, die gleichermaßen spannend wie beklemmend sind.
Die Autorin hat aber gleichzeitig auch eine
spannende Handlung entworfen, die man atemlos verfolgt. Sie hat
Figuren geschaffen, mit denen man mitfühlt und mitleidet, deren Beweggründe und
Gedanken man nachvollziehen und verstehen kann. Sie hat aus den trockenen
Fakten eine echte Geschichte gezaubert, die man als Leser mit Hingabe verfolgt
und in die man sich gut hineinversetzen kann: Die Welt, in der Katharina
1680 lebt und ihres Verbrechens angeklagt wird, entfaltet sich beim Lesen vor
dem inneren Auge. Freilich ist sie auf ihre Art grausam und gnadenlos, diese
Welt! Heute gäbe es andere Möglichkeiten, um die
aufkommenden Schwierigkeiten in den Griff zu kriegen. Umso deutlicher spürt man
die innere Not des jungen Mädchens, das völlig allein vor einem riesigen Berg
an unlösbaren Problemen steht und keinen Ausweg mehr erkennt. Dieses Leid und
der Druck Katharinas hat Daniela Mattes einfühlsam und in einem angenehm
sachlichen Schreibstil herausgearbeitet. Man kommt kaum umhin, sich selbst zu
fragen: Wie würde ich wohl handeln in dieser Situation?
Fazit:
Katharina hat es wirklich gegeben. Ihr Fall hat sich – laut
den verfügbaren – Akten wie beschrieben zugetragen. Da war nicht viel Spielraum
für einen raffinierten, selbstausgedachten Plot. Aber es war viel
Spielraum zur Entfaltung einer Geschichte, deren Ende man sich vielleicht
anders gewünscht hätte! Daniela Mattes ist diesen Weg als Stimme Katharinas
kompromisslos bis zum Schluss gegangen. Sie mahnt auch daran, Menschen nicht
vorschnell zu verurteilen, wenn man ihre Lage und ihre Beweggründe nicht kennt.
Das sagt sie natürlich nicht ausdrücklich. Aber es schimmert leise durch jede
Zeile und sollte ebenso Mahnmal sein wie das Denkmal, das für Katharina in
Spaichingen errichtet wurde.
Quelle Bild und Handlung:
Amazon