Rund um meinen Geburtstag möchte ich zwei Dinge tun: Ich möchte feiern - mit meinem Liebsten, meiner Familie, meinen KollegInnen und KlientInnen, meinen Freunden und lieben Menschen. Und ich möchte einen kurzen Moment innehalten und einen kleinen Rückblick auf das vergangene Lebensjahr wagen. Denn es war kein einfaches Jahr. Es sind Dinge geschehen, die mich ordentlich aus meiner gewohnten Umlaufbahn katapultiert und richtig, richtig weh getan haben. Aber mir wurden auch großartige Geschenke gemacht, nicht zuletzt ein wunderbarer neuer Job, der einer Gabe des Himmels gleicht und mir bestätigt hat, dass man manchmal den Sprung ins Ungewisse wagen muss, wenn man etwas Kostbares und Wertvolles gewinnen will.
Worauf zurückblicken und wie?
Wie orientiere ich mich nun in dem Jahresrückblick, der großen Bilanz, der ultimativen Lektion?
Notiere ich, was ich erlebt habe? Was ich erreichte oder woran ich scheiterte? Die schönen Momente und die schlimmen? Die Lernzuwächse, die diese Erfahrungen mit sich brachten? Die Güter, die ich anhäufte oder - wahlweise - aufgeben musste? Die Erkenntnisse, die sich mir einbrannten? Worauf kommt es an? Was ist wirklich wichtig?
Ganz klassisch: Meine Erfolge.
Ich habe in diesem letzten Lebensjahr sechs Bücher veröffentlicht. Ich habe meinen bezahlten Job nach bestem Wissen und Gewissen erledigt und dabei versucht, mein ganzes Können und Wissen einzubringen, neuen Ideen den Weg zu ebnen, den mich umgebenden Menschen mit Herzenswärme und Sorgfalt zu begegnen, was angesichts der Umstände nicht immer leicht umsetzbar war, sich schließlich sogar als unmöglich herausgestellt hat und mich zur Kapitulation zwang. Ich habe mein Atelier neu eingerichtet. Ich habe viele Bücher gelesen und noch mehr Podcasts gehört. Ich habe etliche Collagen und Bilder gestaltet. Ich habe Reiki kennengelernt, mich bis zum zweiten Grad hochgearbeitet und eine Ausbildung zur Kunsttherapeutin absolviert.
Ich habe Pflichten und Küren in allen Bereichen meines Lebens bewältigt und versucht, in alles, was ich tat, meine ganze Hingabe und Leidenschaft hineinzugeben. Ich habe mich fachlich und persönlich weiterentwickelt und könnte mir eigentlich voller Stolz auf die Schulter klopfen, denn das klingt alles richtig gut, oder?
Die Wahrheit: Meine Ängste, Verluste und Sackgassen.
Im Frühjahr des letzten Jahres ist mein Schwiegervater gestorben und seit diesem Tag war nichts mehr, wie wir es kannten. Eine solche Erfahrung erzwingt eine brutale, innere Einkehr und eine völlige Neuausrichtung des eigenen Denkens und Handelns. Sie lässt uns auch wissen, wie wertvoll uns Menschen, Ereignisse und Dinge sein können, denn ohne Liebe gäbe es keine Trauer. Die Trauer ist der Preis, den wir für das Glück zahlen, das wir zuvor mit dem verlorenen Menschen erlebt haben.
Nach sechs Jahren im niedersächsischen Schuldienst brachte mich mein Job im Herbst 2021 schließlich an den Rand des emotionalen und körperlichen Zusammenbruchs. Auch hier wurde ich von einer Klippe gestoßen, deren Fundament unter meinen Füßen mir einst den Halt gegeben hatte, von dem ich glaubte, ich würde ihn zum Überleben notwendigerweise brauchen. Dass dieses Fundament eine Eisenkugel an meinem Fuß war, die mich in die Tiefe zog, merkte ich zum Glück rechtzeitig. Aber das erzwang die Notwendigkeit, zu handeln - und wem fällt eine so grundlegende Lebensänderung schon leicht?
Das Universum fragt leider nicht, ob und wann wir zu Veränderungen bereit sind - es stülpt sie uns über und kickt radikal alles aus unserem Dasein, was uns nicht guttut, egal, wie innig wir an ihm hängen. (Und leider hängt man manchmal auch an Menschen, Dingen, Orten und Umständen, die einem schaden.) Wer ins Wasser geworfen wird, muss das Schwimmen lernen. Freiwillig begibt sich wohl kaum ein Mensch in eine umfassende Transformation, dazu sind wir auch viel zu sehr mit unserem herausfordernden Alltag und seinen unzähligen Kleinigkeiten beschäftigt, die sich zu großen Herausforderungen summieren.
Aber wenn man sich diesem Prozess hingibt, dann geschieht genau das Magische, von dem immer gemunkelt und geflüstert wird, ohne dass jemand wirklich weiß, warum und wie es zustande kommt: Türen öffnen sich, Kreativität, Energie und das Gefühl, etwas selbst entscheiden zu können, kehren zurück wie lang vermisste Geliebte - und plötzlich breitet sich eine Fülle an Ideen vor dem inneren Auge aus, wie ein Meer an Blumen, an denen man sich gar nicht sattsehen möchte. Und es auch nicht muss, denn das Leben definiert sich durch ständige Wandlung und Veränderung - sie sind die Essenz, die es ausmachen!
In meinem Fall wurde mein Mut belohnt: Ich bin nun beruflich an einem Ort, den ich sinnstiftend und angenehm erlebe, an dem ich geschätzt und gemocht werde, an dem ich mein Potenzial entfalten darf, an dem ich tollen Menschen begegne, die mir auf ihre Art viel geben.
Neben den beiden einschneidenden Verlusterfahrungen war es vor allem die Entwicklung der Corona-Pandemie, die - wie bei den meisten - auch bei mir für Einschränkungen sorgte. Kein Urlaub dieses Jahr, wo mein Lebensgefärte und ich ansonsten doch ein recht reiselustiges Völkchen sind. Kein Theater, kein Konzert, kein Kino, kein Flohmarkt, wenige Events. Stattdessen Serien auf dem heimischen Sofa, Seminare vor dem Computerbildschirm, Ferien auf der Hollywoodschaukel im Garten.
Das alles fand ich nicht so wild, da bin ich recht anpassungsfähig, aber die damit einhergehenden Ängste taugen durchaus dazu, einen wahnsinnig zu machen! Die Medien, die statt zu beruhigen, ständig Öl ins auflodernde Feuer der Gemeinschaft gossen. Das Umfeld Schule, in dem wir jeden Tag aufs Neue dem Höchstrisiko ausgesetzt waren. Die besorgniserregende Entwicklung in der Gesellschaft, die sich auftut wie eine Schlucht und die ich mit dem Auge der Soziologin ebenso alarmiert beobachte wie unser Gesundheitswesen.
All dies hat dieses Jahr nicht gerade zur Entspannung beigetragen. Im Gegenteil musste man sich manchmal sogar zwingen, mal abzuschalten, im wahrsten Sinne des Wortes - und näher bei sich selbst zu bleiben. Das gilt übrigens ebenso für die zweite Katastrophe der jüngsten Zeit - den unsäglichen Ukraine-Krieg, der gerade viele von von uns sprachlos und fassungslos zurücklässt und nachts unruhig schlafen lässt.
Verluste aller Art laden uns zur Reflexion ein, die zuweilen höchst widerwillig geschieht, aber doch immer weiterführt, ein Stückchen weg von dem Weg, auf dem wir gerade noch standen.
Und in solchen Momenten braucht es Lichter, die Orientierung bieten.
Meine Lichter sind Bücher und Geschichten, Farben und Pinsel, Kunst und Kreativität, Spiritualität und Musik. Doch die größten von ihnen, jene, die am hellsten strahlen, meine glimmenden, nie verlöschenden Polarlichter, das sind die Menschen, die mein Leben mit mir teilen und absichtsvoll daran teilhaben.
Das echte Fazit: DANKE.
Meine Wege gehe ich nie allein. Auch wäre ich nicht, wer ich bin, wenn ich als Einzelgänger durchs Leben schliche. Deswegen ist mein Lebensjahrrückblick letztlich ein großes Dankeschön an die Menschen in meinem Leben, die mich begleiten, mir den Rücken stärken, mich inspirieren und voranbringen.
Ihr seid meine Herzensmenschen.
Und ich danke der Schöpfung, dass sie mein Leben mit euch bereichert, meinen Herzensmenschen!
Ein Geheimnis des Lebens
Wenn ich ein großes Geheimnis des Lebens enthüllt haben sollte, dann ist es vermutlich dieses: Verluste und Krisen zeigen uns nicht nur, wie stark wir selbst sind, wenn wir eins sein müssen. Sie stoßen uns auch mit der Nase darauf, dass mehrere Glieder eine stabile Kette bilden. Ich weiß, das IST kein Geheimnis: Viele kluge Menschen sind schon vorher darauf gekommen und haben es unermüdlich verkündet. Aber es ist ein Unterschied, ob man es weiß - oder ob man es wirklich fühlt.
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich wünsche dir, dass auch du friedvoll auf die letzte Zeit zurückblicken kannst, trotz der belastenden Umstände, die uns kollektiv in die Knie gehen ließen und trotz deiner individuellen Probleme, mit denen du dich möglicherweise herumschlägst. Komm zur Ruhe. Schenke dir selbst Pausen zum Durchatmen. Besinne dich auf das, was dir wirklich wichtig ist. Und verbinde dich ganz bewusst mit all den Menschen in deinem Leben, die du liebst und die dich lieben.
Wer allein geht, stolpert orientierungslos durchs Unterholz. Aber wer sich links und rechts unterhakt, der kann nicht fallen, wie steinig der Pfad auch immer wird.
Möge sich alles zu deiner Zufriedenheit fügen, mögen dich Gesundheit, Zuneigung und eine Prise verlockender Abenteuer begleiten. Mögest du Kraft finden, wenn der eisige Hauch der Veränderung dich packt - und mögest du die Chancen erkennen, die darin liegen.
Und ich danke dir! Für deine Treue und dein Interesse, für deine Zeit, deine Rückmeldungen, deine Impulse. Dieser Blog lebt nur, weil DU ihn durch deine Teilhabe mitgestaltest!
Pass gut auf dich auf! Bleib tapfer, zuversichtlich und mitfühlend!